Eine Maschine wie ein Atomreaktor räkelt sich im Schaukasten proper gegenüber dem Herisauer Elektrofachgeschäft. Es ist ein hochpotenter Staubsauger in popigem Fuchsiarot, und es könnte auch irgendein anderer unserer vielen hochtechnologischen Apparate im Alltag und auf der Weihnachtswunschliste sein, mit denen wir uns das Leben zu erleichtern und Glück zu geben glauben.

 

«Pearlmutti» im Schaukasten Herisau ...

 

Die Dinger vom IPhone bis hin zum Sensorschneepflug befriedigen unser Begehren nach Schritthalten mit den technologischen Entwicklungen im Privatbereich. Es sind Prestigeobjekte, die aber auch die Tendenz zur Vereinsamung und emotionalen Unterkühlung bergen. Gegensteuergeben liegt auf der Hand. So wie wir das glanzpolierte Auto oder den Computer zu individualisieren suchen mit Kleber und Kissen, uns Nippes zulegen und Berberteppiche im durchgestylten Loft, nimmt Rolf Graf den Rolls Roys unter den Staubsaugern und strickt ihm einen Wollschal, stellt im Konfigläser aus Grossmutters Vorratkammer zur Seite, Trockenblumen, Bänderschmuck. Der Dyson DC 32 ist der prämierte Muni unter den Saubermachern. Je technologisierter und hygienischer unser Alltag, desto grösser das Bedürfnis nach Mehrwert und Wärme, nach Erinnerung, magischer Aufladung und Hitz und Brand. Die Apparate von heute sind die Madonnafiguren und Bildstöckli von gestern, an die wir glauben und die wir schmücken. Es geht um die rundum gelebte Verbindung von so Gegensätzlichem wie Satellitenschüssel und Gebetsheilung, die Appenzeller Hightechgesellschaft und ihr Silvesterchlausen. «Es ist der Versuch, die Klammer um Sinnerfülltes und Hightech zu verstehen, oder mindestens Fragen zu stellen», sagt Rolf Graf.

 

Einladungskarte zur Ausstellung von Rolf Graf im Schaukasten Herisau.

 

In unterschiedlichen Medien betreibt Rolf Graf eine Kunst der alle Bereiche umfliessenden Assoziationen und Reflexionen. Er nutzt die Objekte, Installationen, Fotografien als Vehikel, um gefühltes Wissen, soziologische und ethnologische Beobachtungen und Betrachtungen des eigenen Menschseins in die Nähe des Fassbaren zu bringen. In der seinen Werken eingeschriebenen Spannung zwischen Bodenständigem und Entrücktem, Sehnsucht und Furcht findet sich eine alles umfassende Ansammlung von Trost.

Ursula Badrutt Schoch

 

Rolf Graf, geboren 1969, aufgewachsen in Heiden, lebt in Berlin.

 

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