Bücher sind zum Lesen da. Costa Vece braucht sie zum Schreiben. In den vergangenen Wochen durchstöberte er Antiquariate und Brockenstuben auf der Suche nach sinnigen Buchtiteln, nach Covers, die farblich prächtige Kombinationen bieten und auf denen keine Autorennamen stören. Fündig wurde er mit Wortlauten wie «Nie wieder», «Führende Frauen Europas», «Die Welt, aus der wir kommen», «Die Kraft des positiven Denkens», «Lohn Preis und Profit», «Glück» oder «Chinesische Blüten».

 

Die Einladungskarte zur Ausstellung von Costa Vece im Schaukasten.

 

Mit den gefundenen Buchtiteln setzt er im Schaukasten Herisau Sätze zusammen, schreibt aus den aussortierten Druckerzeugnissen eine Poesie des absurden Zufalls. Nebenbei ist die Titel-Collage auch eine Reflexion über unseren Umgang mit Schlagzeilen, über die Fähigkeit von Hirn und Herz, Tatsachen, Erinnertes, Befürchtetes und Ersehntes zu kombinieren. Die Wort- und Farbspielereien führen den Schaukasten in die Nähe seiner ursprünglichen Aufgabe, eine ansehnliche Verkaufsauslage zu sein. Leicht könnte beispielsweise die Vermutung aufkommen, die neu eröffnete Bücherfiliale des Win-Win-Marktes der sozialtherapeutisch und rundum erfolgreichen Tosam-Stiftung hätte den Schaukasten übernommen. Nur: Welcher Bücherladen präsentiert sich denn schon mit «Nie wieder Glück»?

 

Der Bücherkasten von Costa Vece präsentiert acht Bücher, acht Titel, acht Farben.

 

Mit dieser Buchcover-Collage knüpft Costa Vece an frühere Arbeiten aus Versatzstücken an. Die Appenzellerfahne setzt er aus alten Wäschestücken wie Unterhosen und Socken zusammen. Formal und inhaltlich miteinander assoziierende Zusammenstellungen von Fotografien aus seinem privaten Bildarchiv sind ein weiteres Beispiel für seine Arrangiermethoden, und auch die installativen Inszenierungen aus Versatzmaterialien sind eine Art dreidimensionales Collagieren. Mit dem dominierenden Einsatz von Wortfetzen und Textausschnitten für den Schaukasten führt Costa Vece seine Methode des Collagierens offensichtlich als Referenz an dadaistisches Bildverständnis an. Hinter den scheinbar zufällig sich ergebenden Sinnzusammenhängen steht die Wahrnehmung von Welt durch einen wachen Zeitgenossen. Durch das Ausschneiden, Isolieren und neu Zusammensetzen recherchiert Costa Vece an jenen unsichtbaren Grenzbereichen, wo Sinn und Unsinn sich kreuzen und übergeordnete Wahrheiten aufscheinen lassen.

Ursula Badrutt Schoch

 

Costa Vece ist 1969 in Herisau geboren. Er lebt und arbeitet in Zürich und Berlin.

 

Weitere Materialien
> Bildergalerie zu Costa Vece