Markus Müller schafft aus kruden Materialien grosse Skulpturen, die er malerisch bearbeitet, so dass sie einen Moment lang vorgeben, etwas anders zu sein. So entstehen die «Achate», grosse bunte Gesteinsscheiben aus Spanplatten. Absurde Balken verbauen den Kunstraum, Bilderrahmen stehen auf Schultischbeinen, ein mächtiges Skulpturenpaar zwängt sich zwischen Vitrinen. Für das Schulhaus Landhaus in Teufen hat Markus Müller einen Tisch als Unterstand gebaut. Oft schafft er Objekte, die an Einrichtungsgegenstände erinnern, die aber dem aktuellen ästhetischen Empfinden zuwiderlaufen und als Brockenhaus-Ladenhüter wirken. Der Moment, an dem der Gestaltungswille ins Absurde führt, interessiert ihn besonders. Mit nahtlosen Verschiebung zwischen glattem Design und kratziger Irritation fordert Markus Müller unser Wahrnehmungsvermögen heraus.

 

Die Einladungskarte zu Markus Müllers Auftritt im Schaukasten Herisau.

 

Was aber macht einer, der grosse Skulpturen liebt, mit einem Schaukasten? Während der Titel «Diagramm» die Erwartungen nach grafischer und rechnerischer Klarheit weckt und an Börsenkurse, Gewinnmaximierung und Arbeitslosenzahlen erinnert, huldigt das Kartenbild mehr dem Diffusen, Zufälligen, Rätselhaften. Was ist das für ein Lichtspalt, und wohin führt er?

 

«Diagramm» von Markus Müller.

 

Die Spannung zwischen Geheimnis und Statistik nimmt auch im Schaukasten Einzug, der zur schwarz ausgekleideten Zauber- oder Schmuckkiste mutiert. Zwei lang gestreckte Pyramiden aus rohem Tannenholz wachsen scharf wie Vampirzähne aus den Seitenwänden, richten ihre Spitzen gegeneinander ohne sich zu berühren. Ist das eine Abstraktion von Michelangelos Erschaffung des Menschen in der Sixtinischen Kapelle? Eine Sanduhr mit unterbrochenem Durchlauf? Oder doch mehr eine ins Dreidimensionale gewachsene grafische Darstellung? Was wird hier gemessen? Und weshalb?

Ursula Badrutt Schoch

 

Markus Müller ist 1970 geboren, in Teufen aufgewachsen und lebt in Basel.

 

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